Sonntag, 6. Oktober 2013

Seit 8o Tagen in der Welt

Sonntag: Nachdem ich fertig bin mit all den üblichen Hausarbeiten [Wäsche waschen, spülen, aufräumen, saugen, etc.], kommt in mir eine gewisse Langeweile auf. Diese veranlasste mich heute dazu, mal einen genauen Blick darauf zu werfen, wie lange ich schon hier bin und wie lange ich noch hier sein werde. Ich kam zu dem Ergebnis, dass ich mich vor genau 8o Tagen [nicht besonders emotional] am Frankfurter Flughafen von meinen Eltern verabschiedet habe, um in die Welt aufzubrechen, um ein Abenteuer zu erleben! Das Abenteuer Bolivien.
Jetzt bin ich hier und irgendwie ist alles viel weniger abenteuerreich, als ich es erwartet hätte. Im Grunde ist es die meiste Zeit über ziemlich langweilig. Die größten Lichtblicke sind neben der Schule alle Freizeitaktivitäten, die ich so habe und um ehrlich zu sein: Das sind momentan nicht besonders viele. Sobald einmal die Neugierde bezüglich des neuen, ausländischen, blonden Mädchens verflogen ist, sind viel weniger Menschen gewillt spontan etwas mit ihm zu unternehmen. Auf der anderen Seite lernt man mit der Zeit den ein oder anderen besser kennen. Als Folge ergibt sich, dass man zwar mit weniger Menschen etwas zu tun hat, aber dafür mit einigen wenigen intensiver.

Ein Cosi-Dingsbums mit Freunden [Andrea & Andy]
Die letzten beiden Samstage kam es, dass ich zu einer Party geladen war. Wobei sich Party hier so definiert, dass man sich trifft, um bei laut aufgedrehter Musik zu trinken, zu rauchen und [wer hätte das gedacht] natürlich zu tanzen. Wenn ich mich vehement gegen das Rauchen wehre, nicht gerne tanze und mein Spanisch nicht ganz gut genug ist, um eine niveauvolle Diskussion über den Sinn des Lebens zu führen, bleibt nur noch eine Aktivität über, der ich mich auf einer bolivianischen Party widmen kann. Trinken! [Das sei mit den oben genannten Punkten zu entschuldigen] Letzte Woche Donnerstag und Freitag suchte mich eine gemein-gefährliche Infektion heim, die dazu führte, dass sich in meinem Organismus nichts anderes befand, als Tee, eine Banane, Tee, eine halbe Packung Tuc-ähnliche Cracker und Tee. Mit dieser Grundlage ist es absolut NICHT zu empfehlen Alkohol zu sich zu nehmen. Nach einem Glas 'MIX', was irgendetwas Caipirinha-ähnliches ist, revidierte ich sofort jede vorherige Aussage, die auch nur im Ansatz den Inhalt 'so betrunken war ich noch nie' hatte. Unglücklicher Weise musste ich mich ja weiter vor'm Tanzen drücken was dann dazu führte, dass ich mir das ein oder andere weitere Glas andrehen ließ. Nach geraumer Zeit [mein Zeitgefühl hatte mich unterdessen mit samt meiner Fähigkeit, in gerader Linie zu laufen, verlassen] erreichte meinen Gastbruder ein Anruf seiner Mutter, die [wohl zurrecht] fürchtete, wir würden dem Durchschnittsalter unangemessene Substanzen konsumieren. Weiß Gott, was genau sie dazu veranlasste, jedenfalls beschloss sie, unsere Pläne, vor Ort zu übernachten, zu durchkreuzen und uns abzuholen. Irgendwie habe ich es tatsächlich geschafft meinen Geist zu klären, wieder halbwegs deutlich spanisch zu lallen, in gerader Linie auf eine Wand zu zu wanken und mit geschlossen Augen auf einem Bein zu hopsen ohne um zufallen. Im Endeffekt bin ich immernoch fest davon überzeugt, dass ich meine Gasteltern erfolgreich täuschen konnte.
Leandro & Cosi-Dingsbums

Der gestrige Samstag drohte nicht derartig auszuarten. Erstens hatte sich mein Körper wieder beruhigt und somit standen die Chancen gut, dass ich mehr als ein Glas Alkohol vertragen würde. Zweitens handelte es sich bei der Party um die Abschiedsparty meines Gastbruders, die also in unserem Haus stattfand und wir ganz offiziell trinken durften. Was mir auf dieser Party klar wurde war zum einen, dass ich unbedingt meine Scheu gegen das Tanzen loswerden muss und zum anderen, dass ich ganz dringend eine andere Haarfarbe brauche. Ich falle zu sehr auf! Ich scheine hier etwas besonderes zu sein, was mir einen Verehrer nach dem anderen verschafft. Das bin ich nicht gewohnt. Das ist anstrengend!!! Andererseits hat es durchaus seine Vorteile... Beispielsweise, mitten in der Nacht eine Pizza spendiert zu bekommen.

2 Kommentare:

  1. Nutz das aus ! :D Und pass auf dich auf (:
    80 Tage erst? Kommt mir irgendwie länger vor, wenn du mich fragst. Aber naja, mein Zeitgefühl ist vielleicht auch nicht das beste.
    Aber ist das nicht irgendwie blöd für dich, wenn dein Gastbruder jetzt auch verschwindet? oder habt ihr euch gar nicht so gut verstanden? tut mir leid, hab den überblick verloren, mit wem du dich gut verstanden hast und mit wem nicht :D
    Also falls du Haarfärbemittel brauchst, ich kann dir welches schicken :D

    Liebe Grüße Denise

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    1. 8o Tage klingt echt nicht besonders viel, aber es ist schon fast 1/4 meiner Zeit hier um. Sagt zumindest mein Taschenrechner und der muss es wissen!
      Ja, das ist blöd, dass er geht, obwohl wir nicht wirklich viel mit einander reden und auch so nicht großartig etwas miteinander zu tun haben. Aber das einzige 'Kind' im Haushalt zu sein, wird nicht so toll.

      Liebe Grüße zurück!

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