Dienstag, 3. Dezember 2013

Uyuni-Reise 2/4

Am Montagmorgen begannen zunächst die Kämpfe um die Duschen. Wer schlau war hatte sich schon für 2 Stunden früher den Wecker gestellt aber selbst das funktionierte nur teilweise. Bei über 7o Austauschschülern und einer Tagesaußentemperatur von 4o°C wird es da echt knapp. Ich griff auf altewehrte Methoden zurück - Puder und Parfüm... und natürlich Deo -, die schlussendlich effektiver waren, als auf eine nicht freiwerdende Dusche zu warten.
Irgendwo im Nirgendwo

Die Nacht über war ich mit meinen üblichen AFS-Freunden auf einem Zimmer. Die 4 Deutschen Mädels, die mit mit mir in La Paz leben und zu denen ich mehr oder weniger regen Kontakt habe. Das gefiel mir nicht unbedingt. Ich wollte diesen Austausch ja unter anderem machen, um neue Kulturen kennen zu lernen und Freunde in der ganzen Welt zu finden. Dieser Plan wurde ja schon mehr oder weniger durchkreuzt, als wir feststellten, dass fast ausschließlich Deutsche und Belgier nach Bolivien kommen; aber dass wir uns dann auch noch in die Gruppen Asiaten, Belgier, deutsche Schüler und deutsche Freiwillige aufteilen macht es noch schlimmer. Als wir dann also gebeten wurden uns in Gruppen auf die Autos aufzuteilen, die für die nächsten Tage unser Zuhause sein sollten, gab ich mein bestes, von meinen üblichen Gefährten wegzukommen und mich bunt unter die Leute zu mischen. Ich hatte [zunächst] eine Gruppe mit einem Deutschen, der aber quasi am anderen Ende Boliviens wohnt, 3 Thailändern und einer Japanerin. Das war doch schonmal nicht schlecht. Mit dem Auto [einem Toyota Land Cruiser] sind wir dann ins Nirgendwo gedüst.


Nirgendwo heißt es gab buchstäblich nichts. Keine Straßen, keine Vegetation [solange man das farblose und trockene Andengras nicht zählt], keine Population, nichts. In der Ferne zeichneten sich Berge ab und es war so heiß, dass wir tatsächlich Fata Morganen sehen konnten. Vermeintliche Seen erstreckten sich vor uns, die, je näher wir kamen, immer weiter weg waren. Ein Schauspiel, dass ich keinem durstenden wünsche. Uns, in unserem klimatisierten Auto, eingedeckt mit Wasserflaschen hat es allerdings fasziniert. Nach Stunden holpriger Fahrt kamen wir zu einem kleinen Ort, in dem es nichts gab außer einer Kirche und kleinen Straßenständen, die Essen und Getränke verkauften. Nach einem kurzen Halt ging es weiter, bis wir große Felsen sahen. In der weitgehend flachen Landschaft wirkten sie ein wenig fehl am Platze. Auch dort hielten wir. Wir erklommen die Gipfel einiger dieser Felsen und der ein oder andere von uns wählte atemberaubende Wege, um hinaufzukommen.

Da sitzen wir ganz hoch oben in einer Felsspalte

Lecker Lama
Nach unserer Kletteraktion, für die wir eindeutig nicht genug Zeit hatten, gab es Mittagessen. Irgendwo im Nirgendwo. Eine Autopanne hatte uns dazu veranlasst unsere Reise zu unterbrechen und wir nutzten die Zeit zum kochen. Paradoxer Weise waren Lamas ganz in der Nähe, als wir aßen. Warum paradox? Es gab Lama zum Mittagessen. Das ist wirklich lecker! Durch die Panne hatten wir einen Mitfahrer mehr im Auto, einen freiwilligen Deutschen. Wir fuhren und fuhren und fuhren bis es schon wieder fast kühl geworden war. Wir besichtigten die Laguna Verde [grün] und die Laguna Blanca [weiß]. Die langsam untergehende Sonne erleuchtete das Wasser, so dass das Grün der Laguna Verde nicht richtig zum Vorschein kam. Die Laguna Blanca beherbergte einige Flamingos, die wir aus der Ferne bewunderten.
Der Sonnenuntergang an der Heißwasserquelle

Ebenfalls bewunderten wir den Sonnenuntergang kurze Zeit später, nachdem wir zu einem anderen Ort gefahren waren. Wir waren zu einer Heißwasserquelle gelangt. In einem Becken wurde das Wasser aufgefangen, sodass man darin baden konnte. Das Wasser wird durch die Vulkanaktivitäten unterirdisch erhitzt und kommt mit ca. 35°C an die Oberfläche. Wer sich ins Wasser traute hatte ein seeliges Lächeln im Gesicht; alle anderen waren in Decken gewickelt, hatten sich mit Schal und Mütze ausgestattet und starrten vor Kälte schnatternd, neidisch auf das Becken. Ich gehört dummer Weise zu den letzteren. Ich würde jetzt gerne die Vorteile aufzählen, die es mit sich brachte nicht ins Wasser zu gehen - sowas wie 'Wir hatten einen schöneren Ausblick auf den Sonnenuntergang' oder 'Wir haben am Ende keinen Kälteshock erlitten' - aber wenn ich ehrlich bin, bereue ich es schon, nicht gegangen zu sein. Nach der Badepause fuhren wir wieder los, durch die rot erglühende Wüste Boliviens, der Sonne entgegen bis sie nicht mehr zu sehen war. Und damit war dann auch gar nichts mehr zu sehen. Wir verließen unseren schönen festgefahrenen Staubpfad und fuhren quer Feld ein in die Wüste. Wie man sich da orientiert, ohne Sonne, ohne Mond, ohne Navi ohne irgendetwas... ich weiß es nicht. Angekommen sind wir allerdings. Bevor wir zu unserem Hotel kamen, haben wir noch einen Zwischenstopp bei den Gysieren gemacht. Ein interessantes Bild: der heiße, nach Schwefel riechende Dampf, angestrahlt von den Autoscheinwerfern in der Dunkelheit. Leider war es zu dunkel, um gute Fotos schießen zu können und zu kalt, als dass wir es lange versucht hätten.
Das Hotel war... kann man das eigentlich ein Hotel nennen!? ...Unsere Unterkunft war sehr einfach gehalten. Die Betten waren aus Stein mit einer Matratzenauflage und die wenigen Betten, die nicht aus Stein waren drohten auseinanderzufallen. Das eine Bad, das wir zur Verfügung stehen hatten entsprach in keinster Weise irgendwelchen Hygienestandards und die Dusche, die die Herzen einiger meiner Mitreisenden für kurze Zeit höher schlagen ließ funktionierte nicht. Wer auf Strom zum aufladen der Akkus gehofft hatte wurde bitter enttäuscht. Es gab in einem Raum mit einer Steckdose. Raum sowie Steckdose waren heiß begehrt und es wurden schon Deals, die Mehrfachstecker und andere kriminelle Inhalte hatten, abgeschlossen...doch dann ging der Strom aus. Es war eiskalt [-2o°C] und dunkel. Aufgedreht wie wir waren [nicht bereit zu schlafen] gingen 5 von uns, dick eingepackt in mehreren Lagen mit Thermoleggins, Handschuhen, Schal, Mütze und wer weiß was noch alles, hinaus um die Sterne zu sehen und WOW! So etwas habe ich noch nie im Leben gesehen! Es war unglaublich. Eigentlich unbeschreiblich, aber ich gebe mein bestes.
Sobald wir in die Nacht hinaustraten, standen wir unter einer Kuppel aus Sternen. Wo wir waren, auf über 4ooo m Höhe gibt es nichts. Kein Funken an Lichtverschmutzung, die Luft ist dünn und eisig kalt und auch kein Mond war zu sehen. Nur die Sterne. Millionen und aberMillionen von Sternen. Es gibt keine großen und kleinen Sterne, wie ich es immer in Deutschland gesehen habe. Es gibt Sterne, die zum Greifen nahe scheinen und Sterne die tausende von Lichtjahren entfernt sind. Ein absolutes 3D-Wunder. Wenn eine Sternschnuppe erscheint [ich habe innerhalb von weniger als 1o Minuten 4 Sternschnuppen gesehen] scheint der einzig angemessene Wunsch zu sein, dass die Nacht niemals enden möge und man für immer in diesen eindrucksvollen Himmel blicken kann.
Die Laguna Verde im Sonnenschein

Da klettern wir. Das da unten bin übrigens ich.

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