Mittwoch, 11. Dezember 2013

Graduation

Hier in Bolivien ist ja alles verkehrt. Weihnachten haben sie im Sommer, Schnee fällt [wenn überhaupt] im Juli und die Schule endet eben jetzt. Und wenn man die Schule beendet hat, diese 12-13 Jahre pure Folter, schreit das geradezu nach einer Party.
Aber vorher kommen die letzte bitteren Pflichten. Ein letztes Mal zwängt man sich hier in seine Schuluniform, die so sauber und ordentlich ist, wie noch nie zuvor. Ein letztes Mal geht man in die Schule und hört sich brav die Instruktionen der Lehrer an. An einer Schule, die sich Inglés Católico [Englisch-Katholisch] schimpft wird das ganze natürlich mit einem Abschlussgottesdienst abgesegnet. Wenn man so viel spanisch versteht wie ich und dazu noch dieses überschäumende Interesse an Gottesdiensten zeigt, ist das wirklich, wirklich langweilig. Aber meine Gebete wurden erhört und der Gottesdienst fand ein Ende.
Die Begeisterung steht mir geradezu ins Gesicht geschrieben
Streng getrennt - Jungen und Mädchen

Unglücklicher Weise ging das Programm ähnlich spannend weiter. Die Zeugnisübergabe wurde von unzähligen Reden begleitet [ich glaub es waren 3 aber sie waren endlos lang!], die ich natürlich zu 1oo% verstanden habe. Und es wurde die Nationalhymne gesungen. Von mir wurde sie dann halt mehr gesummt. Als diese endlose Prozedur endlich vorüber war lagen sich alle Schüler mehr oder weniger heulend in den Armen, als würden sie sich nie mehr wieder sehen. Da ging es bei meinem Abitur in Deutschland weniger emotional zu, was mir recht merkwürdig erscheint, denn hier bleiben 95% der Schüler in La Paz und haben somit die Möglichkeit sich ihr ganzes Leben lang zu treffen, wenn ihnen danach ist.
Der Beweis! Ich habe getanzt
Christin und ich auf der Party
Nachdem ich mich am Nachmittag/ Abend diversen Schönheitsprozeduren unterzogen habe [u.A. ein 2-Stunden Friseuraufenthalt], besuchten wir mit der ganzen Familie die Party. Und ich meine wirklich die ganze Familie. Großeltern, Tante, Onkel, Neffen der Mutter, Schwägerin und wer weiß wer noch. Ich hatte zur mentalen Unterstützung Christin, eine Freundin aus meinem Kuhkaff, die auch hier in La Paz zur Schule geht, eingeladen. Eröffnet wurde die Party mit einem Walzer der Schüler mit ihren Eltern. Ich musste auch teilnehmen und feststellen, dass das auf Dauer ganz schön in die Beine geht. Aber ich habe tapfer weiter getanzt. Selbst später, als ich nicht mehr wirklich musste habe ich getanzt und teilweise hat es sogar ein bisschen Spaß gemacht [nicht zu viel Euphorie!!!]. Nur die Musik war so gar nicht nach meinem Geschmack. Cumbia ist der bolivianische Schlager und ich mag ihn ungefähr genau so gerne, wie den deutschen. Ansonsten war es aber wirklich ganz nett. Das mit dem Unterhalten klappt jetzt immer besser und ab und zu gelingen mir sogar Wortwitze, von daher werden die Partys für mich hier auch lustiger. Um 3 Uhr, nach viel tanzen [jedenfalls für meine Verhältnisse viel] und ein bisschen essen, endete die Party. Und damit auch endgültig meine Schulzeit... 
Ich fand wenn ich ehrlich bin meinen deutschen Schulabschluss interessanter. Nicht nur das ich mehr verstanden habe, wir hatten auch eindeutig mehr Programm. Sowohl in der Kirche, als auch bei der Zeugnisübergabe und auch später beim Abiball. Auch, dass bei unserer Party nachher die Eltern geflüchtet sind, fand ich wesentlich entspannender. Aber so habe ich jetzt halt 2 Seiten eines Schulabschlusses kennengelernt und bin jetzt doppelt graduiert. Ist das nicht schön?

Mein Bruder, ich und Christin
Familie! Vater und Menschen zu denen ich die Relation immer noch nicht herausgefunden habe

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