Samstag, 17. Mai 2014

In den Fußstapfen der Saurier

Wie viele vielleicht wissen, sind es jetzt noch weniger als 5o Tage, bis ich wieder heimatlichen deutschen Boden unter den Füßen habe. Da ich ja bereits die Osterfeiertage auf einer Reise verbracht habe, habe ich mich schon quasi daran gewöhnt besondere Tage reisend zu verbringen und habe mich mit AFS auf nach Toro Toro gemacht. Toro Toro liegt in Potosí, aber der einzige Weg dorthin führt aus Cochabamba und so mussten wir leider das kalte und ungemütliche La Paz verlassen und nach Cochabamba fahren. Außer mir haben sich aus La Paz nur zwei weitere Personen für die Reise angemeldet und wie es der Zufall so wollte kamen wir alle drei aus dem gleichen Kuhkaff in Deutschland. 
Am 1. Mai trafen wir uns mit unseren Mitreisenden in Cochabamba. Von den 26 Personen kamen nur 7 nicht aus Belgien und so mussten wir uns eine ganze Menge Flämisch anhören. Der Weg nach Toro Toro ist sehr schmal, holprig mit Steinen gepflastert oder an vielen Stellen gar ganz unbefestigt. Nach vier Stunden Fahrt ist der Hintern dann taub.
Nachdem wir gegessen und und in Badekleidung gesteckt hatten, ging es auf, zu unserem ersten Ausflug. Man sagte uns, 2 km entfernt läge ein Wasserfall und wir bräuchten 2 Stunden, um dort hin zu gelangen. Das klingt absolut übertrieben. Ein Kilometer pro Stunde? Wer läuft denn bitte so langsam? Wir mussten allerdings feststellen, dass wir nach 2 Stunden immernoch nicht da waren. Der Wasserfall lässt sich am besten mit einer deutschen Klamm vergleichen [wer keine Klammen kennt ist zu bedauern], nur, dass es absolut keine Wege gibt. Die Regenzeit ist hier vorbei und so kann man durch das teilweise trockene Flussbett laufen. Das Ganze hat seine vor und Nachteile. Es fehlt der Sicherheitsaspekt. Tritt man auf einen lockeren Stein oder eine nasse Stelle, kann man sehr schnell ausrutschen und hinfallen, was wiederum zu Verletzungen führen kann, die vor Ort  nicht behandelbar sind. Das nächste Krankenhaus ist über 2oo km entfernt. Wer sich allerdings geschickt anstellt, verletzt sich nicht und kommt eigentlich auch ganz flott voran. Für jemanden, wie mich, der gerne kraxelt und klettert, ist es die reinste Wohltat, keine Holzbrücken oder geschotterten Wege unter den Füßen zu haben. Man muss nachdenken, sich seinen eigenen Weg suchen, intuitiv entscheiden, welcher Stein fest ist und welcher nicht.
Es gab noch einen weiteren Vorteil dieses bolivianischen Wasserfalls: Wir konnten darin schwimmen gehen! An einer Stelle war der Felsen so glatt, dass man ihn als Rutschbahn benutzen konnte und ein einer anderen war das Wasser so tief, dass man aus 8 Metern Höhe hineinspringen konnte. Wir hatten also unseren Spaß und eine sehr willkommene Abkühlung bei den 35°c und der prallen Mittagssonne. Aber auch jene wasserscheuen Geschöpfe, die mit uns reisten hatten einen schönen Tag. Der Wasserfall war wunderschön und neben diesem konnten wir noch Handflächengroße Spinnen und Dinosaurierspuren bewundern. Zu diesen später mehr.


Am nächsten Morgen, krochen wir ziemlich müde aus unseren Betten und fanden eine Überraschung vor. Wer auch immer Spinnen hasst, hat keinen Grund dazu bis er einmal von einer gebissen wurde. Spinnenbisse sind absolut ätzend. Glücklicher Weise sind die Spinnen in Toro Toro nicht allzu giftig; sie lösen nur leichten Mosquitostich-ähnliche Reaktionen aus. Die Bisse, die wir vorwiegend an den Beinen haben, werden ziemlich dick und rot und jucken wie sonst was. Zudem lassen sie sich sehr leicht aufkratzen und spenden einem gute zwei Wochen 'Freude'. Alles in allem würde ich pro Spinnenbiss lieber 5 Mückenstiche haben. Die sind doch sehr viel 'angenehmer'.
Übersät mit Bisswunden ging es auf unsere nächste Wanderschaft. In brüllender Hitze spazierten wir knappe drei Stunden durch die Stadt der Steine, ein Labyrinth aus Felsen, Höhlengängen, Schluchten und Steilhängen. Wir begutachteten Malerarbeiten aus dem Jahre 500 nach Christus und standen am Rande des Abgrunds, immer auf der Suche nach einem netten Schattenplätzchen, um der glühenden Sonne zu entfliehen. Viele meiner Mit-AFSer wussten diese Wanderung nicht zu schätzen. Sie war zwar sehr anstrengen, doch das wurde durch die tolle Aussicht und den Einblick in die Bolivianische Kultur wieder wett gemacht.


Nachdem wir im Bus unser Mittagessen verspeisten [trotz fehlender Klimaanlage war es wesentlich angenehmer als in der prallen Sonne], ging es zu einer Höhle. Auch wenn so gut wie niemand persönlich dort war, kennt jeder Bolivianer diese Höhle. Sie ist die einzig bisher entdeckte, begehbare Höhle mit beeindruckenden Stalakmit- und Stalaktitformationen. Wir bekamen Helme, die mit Kopflampen ausgestattet waren, denn in der Höhle selber gibt es absolut kein Licht. Wege gibt es auch nicht, jedefalls nicht so wirklich. Es kommt bis zu dem Punkt, dass man auf seinen Füßen nasse Felsen herunterrutschen muss, sich nur mithilfe eines Kletterseils fortbewegen kann, sich alle möglichen Körperteile stößt und am Ende einen claustophobischen Anfall kriegt. An einer Stelle ist die Höhle nämlich so eng, dass man hintereinander auf dem Bauch vorwärtsrobben muss. Da sind indirekt Liegestützen gefragt, die ich mal so gar nicht beherrsche. Aber ich habe auch die Höhlentour überlebt und für sehr interessant befunden.

Am dritten Tag sollte es dann schon wieder zurück gehen. Jedoch nicht bevor wir den Cañon gesehen hatten. 
Wir besichtigten zunächst weitere Dinosaurier Fußabdrücke , die in Toro Toro massenweise zu finden sind. Diese Fußabdrücke sind im Felsen und man mag sich fragen, wie sie entstanden sind. Vor mehreren Millionen Jahren war das, was wir heute als Felsen unter den Füßen haben, Schlamm und die Dinosaurier hinterließen wie alle anderen auch ihre Spuren darin. Es wird vermutet, dass kurz danach eine lange Trockenzeit anbrach, vor der die Saurier flüchteten und in der es mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte lang nicht regnete. Der Schlamm trocknete zu fester Erde und bildete eine harte Krustenschicht. Staub und weitere Erdschichten legten sich auf diese Kruste und verbargen sie für eine lange Zeit. Unterdessen versteinerte sich die Schicht, in der sich die Saurierspuren befinden. Anschließen, in einer starken Regenphase wurden die darüberliegenden Schichten teilweise abgetragen und heute trampeln viele achtlose Touristen in und auf diesen Spuren der Zeit herum, um zu sehen ob der Dino auch wirklich größere Füße hatte.
Ich hab mich kurze Zeit gefragt, ob wir auch Spuren auf der Erde für eine spätere Spezies hinterlassen werden. Aber die wohl wichtigere Frage ist, ob wir die Erde für eine spätere Spezies hinterlassen werden.

Unser letzter Ausflug ging also zu einem Cañon. In einer Hitze, wie selten erlebt, wanderten wir durch ein ausgetrocknetes Flussbett. Hier und da kamen wir an einem weiteren Fußabdruck vorbei, ansonsten erstreckte sich vor uns ziemlich Schattenfreie Landschaft. Vor meinem geistigen Auge sah ich schon die Geier, die sich an unseren ausgetrockneten Leibern labten; aber bevor es dazu kam, bot sich uns ein Atemberaubender Ausblick.
Was wäre wohl das schlimmste, was man bei  brühender Hitze machen könnte? Den ganzen Weg, diesen Cañon herunterklettern, mit der Aussicht, das später alles wieder hochlaufen zu müssen! Und genau das haben wir getan. Eine in den Fels geschlagene Treppe führt bis hinunter zum Fluss [oder besser Bach?] und ist an manchen Stellen ziemlich steil. Danach klettert man wieder über große Steinbrocken durch den Fluss, um zu einem Wasserfall zu gelangen.
Hier verbrachten wir eine Weile, kühlten uns und vorallem unsere Wasserflaschen, bevor es wieder auf den anstrengenden Rückweg ging. Ich glaube tatsächlich, dass das das Anstrengendste war, was ich je gemacht habe. Auf 3ooo Metern über dem Meeresspiegel, in der prallen Mittagssonne, bei 3o° im Schatten eine steile Treppe von gefühlten 666 (sie waren schlichtweg teuflisch] Stufen hochzusteigen, macht jeden platt. Aber es hat sich durchaus gelohnt. Mal abgesehen von dem Kalorienverlust, haben wir einen wunderschönen Ort besucht.

Nach diesem letzten Spaziergang, der uns alle an unsere Grenzen brachte, ging es dann wieder per Bus nach Hause. Zunächst nach Cochabamba, wo ich mit den anderen beiden Schülern aus La Paz die Stadt unsicher machte und danach ins eiskalte La Paz.



1 Kommentar:

  1. Liebe Cosima,

    das sieht sehr schön aus, erinnern! Ich finde es ein großartiges Gefühl nach körperlich schwerem Anstieg auf dem Gipfel (oder wo man auch immer einen weiten Blick hat) zu stehen und mit der Weite vor einem leichter zu werden. Ein Wunsch von mir, mehr davon zu erleben.

    Bis bald,
    Patonkel

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